Unter den Kitzbüheler Dichtern nimmt Alma Holgersen eine vornehme Stelle ein. Sie zählt zu den bekanntesten und gelesensten Autorinnen Österreichs. Am 27. April 1899 in Innsbruck geboren, voll von unbändiger Liebe zur Freiheit, zur Natur, zu den Bergen und zur Einsamkeit, hat sie schon früh zu schreiben begonnen, ja so sehr, daß sie von der Schriftstellerei leben wollte. Die meisten ihrer Werke sind Jugendbücher, voll von großer Güte und Menschlichkeit. Alma Holgersens Liebe gehört ihrem Schaffen und den Bergen. So hat sie ihren Wohnsitz geteilt. Die meisten Bücher entstehen in Wien und wurden dort verlegt, aber in Kitzbühel, wo sie sich immer wieder aufhielt, um ihrer Sehnsucht nach den Bergen zu genügen, um Schi zu fahren oder Wanderungen zu machen, findet sie eine beredte Einsamkeit, die ihr neue Einfälle zuflüstert. Die Fülle ihrer Einfälle und Probleme, die sie in ihrem erzählerischen, lyrischen und dramatischen Lebenswerk aufzeigt, ist erstaunlich. Oft sind es soziale Probleme, oft aber auch solche von Bauern und Bergbewohnern, besonders aber Probleme von jungen Menschen.
Ein sozialer Roman ist z. B. "Der Aufstand der Kinder", ihr erstes großes Werk; dann "Großstadt- legende“. . „Der Wundertäter“ ..“Du hast Deinen Knecht nicht aus den Augen verloren", "Skitagebuch“.. .. „Kinderkreuzzug“.. ..“O Mensch, wohin?" Besonders erfolgreich und von hohem, dichterischem Rang wurde das Buch jüdischer Kinder "Geleitet sie, Engel!" Immer mehr vervollkommnet sich ihre Sprache, jedes Bild, jedes Wort wird Dichtung im edelsten Sinn, etwa in Alma Holgersen ist eine besonders beliebte und vielgelesene Jugendschriftstellerin mit den Bänden "Tonis Abenteuer", "Ferien wie noch nie“, „Drei halten zusammen", "Die Kinder von La Salette", "Ein Tor öffnet sich" und "Pietro schreibt dem lieben Gott". In der Lyrik hat sie gleichfalls Bedeutendes geleistet, etwa in "Sursum corda!" oder als Hörspielautorin in "weiße Taube in der Nacht" und "Fatima" und als Dramatikerin im Schauspiel "Wir könnten gerettet werden". In einem Auswahlband erschien über ihr Gesamtschaffen, unter dem Titel "Ein Reh zu Gast", eine Würdigung. Wie dicht, wie voll von Poesie und Leben ihre Sprache ist, soll folgende Textprobe zeigen-
"August lodert in Feuergarben durchs Land. Das hochblonde Getreide knistert, als wäre es elektrisch geladen. Die Bäche sind weiß, nur an beruhigteren Stellen haben sie die Farben von Aquamarinen und Goldtopasen. Forellen schießen dahin - wilde, graue Schatten. Alles - Gestein und Hochwald, Wiesen und Felder erreichen eine irdische Dichte, eine sinnliche Nähe, die nur einmal im Jahr die Gebirgsgegenden leidenschaftlich verwandeln. Da ist Heiterkeit, Fülle der Farben, schwelgerische Pracht, daß man Lust bekommt, ewig zu leben - auch wenn die Welt unvollkommen ist. Noch einmal schäumen die Wiesen auf, die friedlichen Heere der Blumen wollen die Häuser und Gehöfte besiegen, das ausgedörrte Holz, golden, zitronengelb und violett, ächzt wollüstig in der prasselnden Hitze."
Das dichterische Talent Alma Holgersens wurde auch öffentlich durch Verleihung mehrerer Preise anerkannt, so durch den Julius-Reich-Preis der Universität Wien 1936, einen Dramatikerpreis 1948, den Preis der Stadt Wien 1949 und den Olympischen Novellenpreis.
Quelle: Stadtbuch Kitzbühel Band IV (Hermann Kuprian)